Das Frei- und Hallenbad

in 49439 Steinfeld

Die Wassergewöhnung – ohne ist Schwimmen lernen unmöglich

Bitte stellen Sie sich folgendes vor und fühlen Sie mit, bzw. horchen in sich hinein, wie es ihnen dabei ergeht:

„Der Weg, jeder Schritt bereitet großen Stress. Das Herz schlägt so stark, dass es förmlich aus der Brust springen könnte. Das Gesicht ist fahl und blass. Eine Mimik ist nicht zu erkennen, das Gesicht ist regelrecht erstarrt. Trotz der Wärme scheint es überall eiskalt zu sein…“

Eine Wassergewöhnung ist immer dann vorhanden bzw. abgeschlossen, wenn ein Kind problemlos und angstfrei mit dem Kopf im Wasser untertauchen kann.

Bitte lesen Sie nochmal!

Weil es so dermaßen wichtig ist, dass man es wie ein tägliches Mantra immer wieder wiederholen sollte:
Eine Wassergewöhnung ist dann vorhanden, wenn das Kind problemlos und angstfrei mit dem Kopf im Wasser untertauchen kann. Denn ohne ist Schwimmen lernen unmöglich!

Ohne...

  • Kann sich ein Kind nicht auf das Wasser legen, bzw. auf dem Wasser gleiten. Was die Grundlage des Schwimmens darstellt.
  • Kann ein Kind nicht in das flache Wasser springen, mit den Füßen voran.
  • Kann ein Kind unmöglich eine koordinierte Bewegung, wie die Schwimmbewegung ausüben, da das Kleinhirn (Motorik) regelrecht von der Angst gehemmt, blockiert wird.
  • Kann das Kind wichtige Informationen und Eindrücke die auf die Sinnesorgane einwirken, nicht realisieren. So kann das ängstliche Kind auch nicht mit den eigenen Augen etwas beobachten, erkennen und dann umsetzen. Es kann auch nicht richtig verstehen, was gesprochen und gesagt wird.
  • Empfindet ein Kind enorm große Ängste, die sich bis zur Todesangst zuspitzen können.




Die Biologie dahinter - Die Angst aus heutiger Sicht

Das Unbekannte, Neue verunsichert uns oftmals. Daraus erwächst oft die Angst. Verantwortlich dafür ist hier die Amygdala, die das Angstzentrum im menschlichen Gehirn darstellt. Sie ist nur gerade so groß wie ein Mandelkern, aber übernimmt sie erst einmal aufgrund einer als bedrohlich empfundenen Situation den Taktstock, arbeitet das gesamte Gehirn nur noch in dem von ihr vorgegebenen „Angst-Modus“. Ein sehr alter archaischer Schaltkreis wird damit aktiviert und will uns zur Flucht bewegen oder zum Kampf, oder wenn Kampf und Flucht nicht möglich sind zur Starre.

"Wenn man keine schlechte Erfahrung mit dem Neuen gemacht hat, erfreut man sich des Neuen. Erst wenn wir erfahren, dass das Neue die Gefahr beinhaltet, abgeprüft zu werden, bevor wir es verstanden und verinnerlicht haben, beginnen wir, uns davor zu fürchten." (1)

Angst ist selten logisch und noch seltener rational. Sie kann niemals durch gutes Zureden aus der Welt geschafft werden. Liebe Eltern, denken sie einfach daran, wie es ist, wenn sie mal wieder eine dicke schwarze Spinne im Wohnzimmer entdecken :-)

Ein ängstliches Kind, was Angst vor dem Wasser hat wird versuchen dieser bedrohlichen Situation aus dem Weg zu gehen so gut es geht. Findet es dann doch den Weg ins Wasser, bereitet es dem Kind enormes Unbehagen und nicht selten erkennt man deutlich Anspannungen und Verspannungen (Starre) die teilweise kaum ein Ende finden. Typisch ist dann auch ein häufiger Harndrang und Frieren, obwohl das Wasser mit wohligen 30 Grad temperiert ist.
Auffällig ist dann später auch die enorme Müdigkeit des Kindes, welches oft mit einem gesteigerten Appetit einhergeht, weil in der Zeit der ängstlichen Anspannung enorm viel Energie verbraucht worden ist.

Ein solches Kind kann unmöglich lernen!

"Die wichtigste Voraussetzung, dass ein Kind etwas erkennen oder erlernen kann, ist übrigens die Freiheit von Angst. Es muss aufwachsen in einem tiefen Vertrauen, das die Welt ihm wohlgesonnen ist, Mama und Papa allen voran." (2)

Die Aufnahme von Informationen oder das durchführen einer Bewegung ist praktisch kaum bis gar nicht möglich. Auch wenn das Kind faktisch einen Schwimmkurs besucht, macht es keinen. Die Amygdala, das Angstzentrum möchte nämlich erst einmal, dass wir dieser gefährlichen (als Lebensbedrohlich empfundenen) Situation entfliehen, bevor wir uns mit anderen Dingen auseinandersetzen können.
Das was hier kurios klingt, machte vor tausenden von Jahren sehr viel Sinn. Es wäre einfach unklug gewesen, wenn wir neues entdeckt und ausprobiert hätten, obwohl ein Raubtier uns als seine Mahlzeit auserkoren hat.
Leider ist das menschliche Gehirn der Zeit weit hinterher und die alten archaischen Schaltkreise, die früher effektiv dafür gesorgt haben das wir bei einer Gefahr automatisch richtig reagieren, ein Problem. Denn sie sind nach wie vor nicht nur vorhanden, sie dominieren sofern sie aktiv werden unser Denken, Fühlen und Handeln.

Das kindliche Angstzentrum wird aber im Schwimmkurs kaum anspringen, wenn das Kind ans Wasser gewöhnt ist und dabei keinerlei Druck oder Zwang empfindet.


Text: M. Bremert


Quelle:

(1) Andrè Stern "Spielen, um zu fühlen, zu lernen und zu leben" ISBN: 978-3-945543-23-8

(2) Dipl. Pädagoge Wolfgang Bergmann "Halt mich fest, dann werd ich stark. Wie Kinder fühlen und lernen" ISBN: 978-3-629-02191-5







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